Auch Süßes bekommt Saures!

 

Also, ich weiß ja nicht wie Sie das sehen, aber ich halte diesen ganzen Halloween-Quatsch für total überflüssig. Überall diese Zombies für Arme, und dann erst die Vampire, die den älteren Gebissträgern unter uns, in nichts nachstehen. Und jetzt hat doch tatsächlich auch noch meine Tochter mit mir gewettet, dass ich mich nicht traue, heute Nacht mit ihr den Meranweg entlang zu spazieren. Zugegeben, nachts ist dieser schmale Weg schon etwas unheimlich, aber direkt nachts wäre es ja nicht. Doch stockfinster ist es um 18 Uhr allemal. So oder so, immerhin geht es dabei um zwei Wochen Geschirr abwaschen. Seit ich festgestellt habe, dass man, wenn man zwei Kinder hat, auch ohne Geschirrspüler ganz gut auskommen kann, streiten sie sich ständig, wer dran ist. Das nervt! Da kommen einem zwei Wochen ohne Gejammer fast wie Urlaub vor. Ich schlug also ein, und jetzt muss ich im Dunkeln spazieren gehen. Na ja, lange dauert es ja nicht. Spätestens in einer Stunde hab ich das hinter mir und dann wartet eine ganz besondere Veranstaltung auf mich - aber dazu später. Meine Tochter jedenfalls hat es wohl sehr gewundert, dass ich mich das traue. Oder warum sonst macht sie jetzt so ein enttäuschtes Gesicht?
Ah, da vorne ist ja schon ein freier Parkplatz.

 

„Sieh nur Milka, wunderbar, dann brauchen wir wenigstens nicht so weit laufen!“
Keine Antwort!
„Was ist denn mit dir Schatz? Hättest mir wohl nicht zugetraut, dass ich keine Angst vor diesen geschminkten Typen habe, was?“
„Ich habe dir nicht zugetraut, dass du überhaupt einen Meter zu Fuß gehst!“
„Sag mal, spinnst du? Ich bin den ganzen Tag unterwegs! Normalerweise müsste ich schlank sein wie eine Gazelle …! Ich muss schnell noch meinen Hexenhut aus dem Kofferraum holen, dann ...“
„Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder?“
„Aber natürlich, vielleicht kann ich ja jemanden erschrecken?“
„Dazu brauchst du keinen Hut!“
„Jetzt werd bloß nicht frech Fräulein, sonst gibt’s Saures!“

Wortlos tauchten wir in die Tiefen des Meranweges. Es war still. Zu still. Je weiter wir gingen um so mehr beschlich mich das ungute Gefühl, dass uns jemand verfolgte. Ein Hund jaulte in der Ferne und mir stellten sich nun doch langsam die Nackenhaare auf. Plötzlich nahm ich von Weitem ein paar unheimliche Gestalten wahr. Sie waren düster gekleidet und streckten die Hände nach uns aus. Wie Untote schritten sie wackelnd auf uns zu. Ich schluckte. Schnell packte ich meine Tochter am Arm und begann zu laufen. Mir war auf einmal egal, ob diese unheimlichen Gfrieser echt sind, oder nicht. Ich wollte nur eins – weg. „
„Scheiß, auf den verdammten Abwasch!“, dachte ich.

Gerade, als ich mich in Sicherheit wog, raschelte es hinter mir im Gebüsch. Angst, aber auch Neugierde kamen in mir auf. Was, wenn sich ein weiteres Monster dahinter verbirgt? Und was, wenn ich nicht nachsehe? Dann werde ich nie wissen, was da so laut hinter mir schmatzte. Die Neugierde überwog, und ich streifte zögernd die Äste zur Seite um mir eine freie Sicht zu ermöglichen. Ich erstarrte …
Ich sah meinen Sohn Max, der einem jungen Mädchen aus seiner Klasse die Zunge in den Hals steckte. Und dabei soll es einem nicht gruseln!
„Ja, sag amoi – spinnst du?“, schrie ich ihn aus voller Kehle an.
Erschrocken fuhren die beiden herum.
„Mama? Was machst du denn hier?“
„Die Frage dürfte ich ja wohl eher stellen, nicht wahr?“
Das junge Mädchen schaute kurz zu Boden.
„Und wer ist DAS?“
„Äh, ja das ist also ...sie heißt …!“
„Mein Name ist Lena!“, unterbrach ihn das junge Ding selbstbewusst.
„Und was treibt ihr hier?“
„Na, nach was sieht es denn Ihrer Meinung nach aus?“, konterte sie keck.
„Das zeig ich dir gleich, nach was das aussieht. Rotzfrech ist sie auch noch. Die kommt mir nicht ins Haus, verstanden?“
„Das hat Oma sicher auch zu dir gesagt, als du den Papa kennengelernt hast!“, stöhnte Milka augenrollend.
Die Zombies von vorhin retteten die peinliche Situation. Sie hatten uns mittlerweile eingeholt.
„Max, schnell, hilf uns! Reich mir den dicken Ast dort hinten. Ich schlag dem Gesindel den Schädel ein …!“
„Aber, Mama – dass ist kein Gesindel – das sind meine Freunde aus der Schule. Wir wollen doch heute noch auf den Halloweenball. Schon vergessen?“

Kopfschüttelnd quetschte ich mich durch die Menge und ging mit Milka an der Hand zurück zum Auto. Stets gefolgt von den dämonisch aussehenden Jugendlichen. Vorne Richtung Biertor sah ich eine Gestalt. Sie wirkte allerdings weniger bedrohlich, eher lächerlich. Mit dem Rücken zu uns stand ein Clown mit lustig buntem Haar, das ihm wirr vom Kopf abstand.
„Seht nur Kinder, der hat sich wohl verirrt. Oder haben wir schon Fasching?“, lachte ich und deutete mit dem Zeigefinger auf ihn. Als ich nach links und rechts sah, bemerkte, ich dass nur noch Milka neben mir stand. Und selbst die riss sich von meiner Hand los und lief den anderen hinterher, die sich gerade aus dem Staub machten.

„Aber, was habt ihr denn? Vor dem braucht ihr doch nun wirklich keine Angst haben!“, lachte ich.
„Mensch, Mama – lauf um dein Leben! Das ist einer dieser Horrorclowns aus dem Fernsehen! Weißt schon!“, schrie Max und mir ging ein Licht auf.
„Den mach ich fertig!“, flüsterte ich, wickelte die Tragegurte meiner Handtasche um mein Handgelenk, schlug auf den Übeltäter ein und streckte ihn zu Boden. Zufrieden mit dem Ergebnis und mit stolz geschwellter Brust setzte ich einen Fuß auf meine Jagdtrophäe und badete mich kurz darauf im Handy-Blitzlichtgewitter. Peinlich nur, dass sich der angebliche Horrorclown als stinknormaler Spassmacher eines Kindergeburtstages herauskristallisierte.
„Das habt ihr Idioten jetzt davon – ich finde Clowns scho allerweil gruselig – mit oder ohne Pappnase!“, schimpfte ich, bevor er in Ohnmacht fiel.
Es kam jedenfalls wie es kommen musste. Ich fuhr den lädierten Clown in die Notaufnahme, und als ich im Auto mitbekam, dass er sich an nichts erinnern konnte, packte ich die Gelegenheit beim Schopfe.
„Wer weiß, was die Leid mit dem gmacht hätten, wenn ich ned kemma war!“, dramatisierte ich meine Angaben beim Krankenhauspersonal. Und als sie mit ihm im Behandlungszimmer verschwanden – verschwand ich auch. Die ganze Heimfahrt schimpfte ich noch auf Max ein. Der Krüppel hat jetzt erst mal Hausverbot!, dachte ich als ich kurz darauf auf dem Weg zu einer außergewöhnlichen Buchpräsentation in Regensburg war. Schauriges Ostbayern – was für ein Buchtitel. „Da kann ich jetzt wirklich mitreden!“

Biertor als Kulisse

 

Das war die zweite von drei Geschichten, die wir mit Unterstützung des Gastfotografen Michael Cizek realisieren konnten. Unser Aufruf für interessierte Hobby-Fotografinnen und Fotografen da draußen, an alle Knipser und Meister ihres Fachs, gilt natürlich weiterhin!
Werdet aktiv und und unterstützt uns, indem Ihr je drei neue Geschichten von mir mit Euren Fotografien vervollständigt. Also, überlegt nicht lange und schreibt gleich hier unter unserem Aufruf einen Kommentar, warum Ihr gerne mitmachen würdet. Und schon kann´s losgehen ...

 

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