In guten, wie in schlechten Zeiten

Wenn ich im Leben eins gelernt habe, dann das, dass ich meinem Mann nicht alles glauben darf. Doch ganz ehrlich, niemals im Leben hätte ich auch nur im Traum daran gedacht, dass er mir mal einen romantischen Gutschein für zwei schenkt – also ich meine einen, der tatsächlich was gekostet hat – und es ihm anschließend egal ist, mit wem ich ihn einlöse. So ein Verhalten ist doch wirklich der Gipfel der Frechheiten, finden Sie nicht? Sie wollen wissen, um welche Art Gutschein es sich dabei gehandelt hat? Stellen Sie sich vor: Für eine Felsenkellerführung mit anschließendem Candlelight Dinner in Schwandorf. Ja genau, Sie haben richtig gehört: Schwandorf! So weit komme ich nur selten von zu Hause weg.
Mei, gfreit hab i mi scho glei a so, des kennas ma glaubn!
Natürlich habe ich mich gleich mords aufgebrezelt und mir allerhand romantische Gedanken gemacht.
Ich war halt scho so lang nima mit meim Xaver zu zweit. Also ich mein, so intim. Na, ned des intim – aloa war i halt scho lang nima mit eam. Allerweil san de Kinder, oder – was no schlimmer is - der Opa dabei. Sie wissen schon …!

Jedenfalls war ich verständlicherweise stinksauer, als mir mein Mann kurz vor der Abfahrt nach Schwandorf mit einem gespielt verlegenen Gesichtsausdruck mitgeteilt hat, dass seinen depperten Kumpels ein Kartler ausgefallen ist und er sie nun selbstverständlich aus dieser misslichen Lage befreien muss. Selbstverständlich – Verstehens? Und während ich nun wie eine Vollidiotin, die bei einem Date versetzt wurde, dastand, saß er völlig tiefenentspannt und schafkopfend mit seinen Stammtischbrüdern beim Wirt. Am demütigendsten daran war vor allem, dass er doch tatsächlich vorgeschlagen hat, dass ich mit meinem Nachbarn, dem Harry, den Abend genießen solle. Da tut mein Mann die ganze Zeit so, als ob er auf ihn eifersüchtig wäre, und dann ist es ihm plötzlich scheißegal, dass ich mit ihm in einen Keller gehe? Ganz ehrlich - das ist doch nicht normal. Welcher liebende Ehemann schickt seine Frau mit einem attraktiven Mann alleine in einen Keller? Na gut, ganz alleine waren wir natürlich nicht, aber das konnte Xaver ja nicht wissen.

Zum Glück hat Harry sich geopfert und mit mir eine romantische Nacht, äh, ich meine natürlich eine romantische Felsenkellerführung gemacht. Dumm halt nur, dass ich dermaßen wütend auf meinen Mann war. Harry und den anderen Teilnehmern habe ich wohl durch den einen oder anderen Wutausbruch die Führung ordentlich versaut.

Vor allem unsere Felsenkellerführerin Karin hab i gnervt. Manchmal hats mi ganz schee zamagstaucht. Zurecht war des gwen – hat da Harry später gsagt!

Im Nachhinein schäme ich mich ja schon ein wenig. Gut, dass wir kurze Zeit später bei ein paar Bierfässern vorbeigekommen sind. Das hat mich von meinem Mann abgelenkt. Laut Führerin haben Räuber die Fässer vor vielen Jahren dort abgelagert. Jedenfalls ist dem Harry und mir gleich das Wasser im Mund zusammengelaufen, als wir sie gesehen haben.
„So oa, oder zwoa Hoibe hätt ma scho obazischn kenna!“
Jedenfalls hatte Harry eine super Idee. Er kramte aus seiner Hosentasche ein Packerl Gummibären und ließ ab den Fässern Bärchen auf den Erdboden fallen. Ähnlich wie in dem Märchen Hänsel und Gretel.

„Nur für den Fall der Fälle, falls wir uns hier unten verlaufen sollten, finden wir wenigstens wieder zurück zu den Fässern!“, zwinkerte er mir zu.
Schee hams ausgschaut, die Bärln aufm Bodn. Bunt und schillernd – wia kloane Diamanten!
Bei dem Gedanken musste ich an meinen Ehering denken.

Energisch fingerte ich an meinem Ringfinger herum und wollte ihn loswerden. ‚Eine Scheidungsandrohung wäre das Mindeste, was ich meinem Mann an den Kopf werfe, wenn ich wieder zu Hause bin!‘, dachte ich und drehte weiter an meinem Ring. Währenddessen schlüpften die anderen vor uns gerade durch ein Felsen-Nadelöhr.

Wie Harry und ich ihnen da durchfolgen könnten, war ihnen anscheinend völlig egal. Jedenfalls hatten wir ein gehöriges Problem, da durchzukommen. Irgendwie haben wir es dann doch geschafft. Spätestens als Karin uns von der anderen Seite zurief: „Kommt ihr klar da hinten?“, schob ich Harry bockig hindurch und zog meinen Bauch ein.

Plötzlich war mir alles zu viel. Ich wollte diesen dämlichen Ring abkriegen. Schnell blieb ich stehen und schaffte es, ihn abzustreifen. Wutentbrannt schmiss ich ihn in die Untiefen des Kellers.

Natürlich wollte ich nur vor Harry zeigen, wie ernst ich es – zumindest in diesem Moment – mit meinem Scheidungswillen meinte. Wer hätte gedacht, dass der depperte Ring so sprunghaft ist. Mehrfach auf dem Boden aufkommend, hüpfte er, ähnlich wie ein Gummiball, durch den engen Felsspalt und verschwand.

Panik kam in mir hoch. So derart loswerden wollte ich ihn nun auch wieder nicht. Hektisch lief ich zum Nadelöhr und quetschte mich erneut hindurch. Nur diesmal in die andere Richtung. Harry, brav wie immer, folgte mir und half mir bei der Suche. Doch je weiter wir uns vom Felsspalt und der Gruppe entfernten, umso unmöglicher schien es uns, ihn wiederzufinden. Das einzige, auf das wir wenig später am Boden stießen, waren die Gummibärchen. WL50 Und ehe wir uns versahen, landeten wir wieder bei den Fässern.

Völlig erschöpft lehnten wir uns an sie. Als Harry dabei ein paar volle Bierflaschen fand, war klar, wie wir unseren Frust wieder loswerden könnten.

Genau – wir spülten ihn einfach hinunter. Einige Bierflaschen und Gummibären später fand uns Felsenkellerführerin Karin betrunken vor und hielt uns eine gehörige Standpauke.

Ich weiß bis heute nicht, worüber sie sich mehr geärgert hatte: über unser unerlaubtes Entfernen von der Gruppe, oder über den Verzehr des alten Bieres. Auch wenn der Inhalt der Flascherl ein wenig modrig schmeckte – ordentlich Bumms hatte das Zeug noch, das kann ich Ihnen sagen!
Plötzlich trat eine Frau aus der Gruppe hervor und hielt einen Ring in die Höhe.

„Kann das sein, dass er Ihnen gehört?“, fragte sie mich vorwurfsvoll. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Auch wenn mir mittlerweile mein Schädel brummte, heilfroh war ich allemal. Nur mit Harrys Hilfe gelang es mir, den Ring wieder an meinen Finger zu stecken. Die Szenerie kam wohl sehr romantisch rüber, weil plötzlich alle um uns herumstanden und dämlich grinsten.

Karin faltete bei unserem Anblick sogar ihre Hände und faselte was von: „In guten, wie in schlechten Zeiten …“ – dabei blickte sie hilfesuchend zum Himmel.

Was meinen`s? Ob Karin uns tatsächlich vermählt hat? Nein, nein, das geht doch gar nicht. Oder?
Wie? Eine Felsenkellerführerin hat dazu die Berechtigung? Hä? Das ist so ähnlich, wie bei einem Kapitän auf einem Schiff? Aber, dann … dann …

„Ach, du Schande … X A V E R, kimm amoi her … i glaub i muss da was sagn. Aber, du derfst di jetzt ned aufregn, weil Schuld dran bist eh selber!“

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